Der ehem. Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin, Prof. Dr. Martin Sperlich, schreibt über Harald Haackes Freie Werke:
„Wenn ein Bildhauer sich mit den Mitteln der Überlieferung auf die menschliche Figur in wenigen erprobten Grundhaltungen beschränkt, dazu noch auf Porträt und Medaille, so zwingt er einen zu sehr genauem Hinsehen, zu Geduld und Anstrengung.“
„Haackes Figuren, die Portraits eingeschlossen, sind nicht sprechend; Sie haben unangestrengt geschlossene Lippen.“ ….. „Weder Mimik noch Pantomime dringen auf den Betrachter ein, auch nicht spielendes Licht auf malerischer Oberfläche oder expressiv verknappte Eckigkeit, kein erotisches Fluidum und keine zupackende Gewalt. Es sind schöne aber nicht geschönte Körper, nicht muskulös trainiert sondern von einer Gelassenheit, die sich ihrer selbst bewusst ist.“
(Prof. Martin Sperlich, Harald Haacke Plastiken, [Katalog zur Ausstellung im] Haus am Lützowplatz, Bezirksamt Tiergarten-Kunstamt, 1975)
In den Jahren seines Studiums an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, das er als Meisterschüler von Professor Richard Scheibe abschließt, entsteht zwischen 1947 und 1953 eine Gruppe von 9 Figuren, deren Erste Bronzegüsse (Urgüsse) hier abgebildet sind und schöpferisch in enger Verwandtschaft zu einander stehen.
Abgesehen von den öffentlichen Aufträgen für die Stadt Berlin beginnt Harald Haacke als freischaffender Bildhauer im eigenen Atelier zu arbeiten. Hier entsteht zwischen 1954 und 1963 eine Reihe von Figuren mit denen Haacke, angelehnt an frühere Zeichnungen aus Studienzeiten, sich in seinem künstlerischen Ausdruck zu öffnen sucht. Dies gelingt ihm erstmals in der „Sitzende mit erhobenen Armen“ (die Abb. zeigt eine Ausführung in Terracotta). Diese meisterlich gelungene Skulptur lässt er im Jahr 1963 einmalig in Bronze giessen und ist im Katalog, Kunst aus Berlin, Malerei-Plastik 1986/87 als Sitzendes Mädchen bezeichnet.
Die Kunsthistorikerin Dr. Annette Seeler beschreibt 1994 treffend einige Charakteristika der plastischen Kunst von Harald Haacke:
„Sie ruhen in sich diese Gestalten, nur auf sich bezogen sitzen, liegen oder stehen sie versonnen, ja bisweilen selbstvergessen da. Und dennoch ist ihre Anwesenheit nicht zu übersehen. Sie besitzen ein festes, eindringliches Dasein, ein stumme aber vernehmliche Selbstbehauptung, die sie dem Unmerklichen und der Achtlosigkeit entreißt und unserem schweifenden Blick erhöhte Aufmerksamkeit abringt. Sie sind körpergewordene Momente des Innehaltens.“
(Aus: Annette Seeler, Beruf: Bildhauer – Harald Haacke Bildhauerische Arbeiten 1947-1994, Zum 70. Geburtstag [Katalog zur Ausstellung im] Käthe-Kollwitz-Museum Berlin, 1994
Mit seinen Plastiken von 1964 bis 1975, befreit Haacke den weiblichen Akt aus der bisher gewohnten, zurückhaltenden Verschlossenheit und verleiht diesem einen, zunächst noch schüchternen aber dann doch sichtbaren Ausdruck selbstbewusster Freizügigkeit. Seine „Langsam Schreitende“ (1975) drückt dies aus durch ihre für Haackes freie plastische Arbeiten unübertroffene Eleganz und erinnert uns an eine Zeit, in der Blumenkinder das Weltgeschehen sehr viel lebendiger werden ließen.
Mit den 80er Jahren kehren seine Figuren zurück in die Besinnlichkeit, sie beugen sich nach vorn, verstecken ihr Antlitz im Haar, verschränken ihre Arme vor der Brust oder wenden ihren Blick gänzlich von uns ab. Wie bereits in seinen frühen Plastiken, wendet er sich an den Betrachter und ersucht diesen, mit „Frau am Meer“ (1983) und „Sitzende nach rechts gewandt“ (1986) die Plastizität seiner Dreidimensionalen Kunst mit prüfenden Blicken zu ergründen.
„Harald Haacke war Klassizist, nicht aus Gegenwartsferne und Anlehnung an alte Erfolgsrezepte, sondern weil darin eine Realität enthalten ist, auf die wir in unserem Leben angewiesen sind, wenn das auch beim Blick auf das Kunstgeschehen nicht zuzutreffen scheint. Die Geradlinigkeit, die in seinen Figuren zu sehen ist, kennzeichnet auch seine Biographie. Werk und Person stimmen restlos überein.“ …. „Die schlichte, das Maß beachtende Menschlichkeit, die nicht packen, sondern anrühren will, sie ist in all seinen Arbeiten zu spüren.“
„Wie frei er künstlerische Sprache handhaben konnte, zeigt die 1994 geschaffene Hommage an Käthe Kollwitz, in der die von den Rundungen lebende Skulptur ins Abstrakt-Kubische übersetzt ist. Aber das ist ein Solitär in seinem Werk!“
(Prof. Dr.Börsch-Supan, aus der Grabrede vom 20.01.2004 in Berlin, zum Tode von Harald Haacke)
Eine zentrale Stellung in Harald Haackes Werk nimmt eine Gruppe von ca. 40 Skulpturen ein, von denen bis auf wenige Ausnahmen die originalen Gipsmodelle erhalten sind. Daher können authentische Bronzegüsse posthum angefertigt und mit einem Echtheitszertifikat (Certificate of Origin) in limitierter Auflage angeboten werden.
Die letzten noch verfügbaren Bronzegüsse zu Lebzeiten des Künstlers, sind in der Werkliste grün gekennzeichnet. Die Erstgüsse der Plastiken sind unverkäuflich.
Es ist angedacht zu einem späteren Zeitpunkt, die frühen Originale in die Obhut der Berlinischen Galerie, dem Landesmuseum für Moderne Kunst in Berlin zu übergeben. Das hier gezeigte „Freie Werk“ aus dem Nachlass Harald Haackes, steht heute mit den dazu gehörigen Urheberrechten in der Verwaltung seines Sohnes, Aurel Haacke.